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Neues aus Kidukuru – nach neunzehn Jahren
Im Westen von
Uganda, im Dreiländereck Kongo – Ruanda – Uganda
bekam Dorothy Byaruhanga 1985 mit den Frauen von „Mothers
Union“, eine gut funktionierende Frauen- Selbsthilfe-Gruppe,
zwölf fußbetriebene Nähmaschinen aus Stuttgart.
1990 waren plötzlich alle Frauen und ihre Familien durch AIDS
betroffen. Danach wurde „Kranich – AIDS in Afrika e.V.“
gegründet (1991).
Kürzlich schrieb uns Dorothy einen gängigen Spruch, den
manche Männer heute sagen, wenn sie in den Anti-AIDS-Kampagnen
angesprochen werden: „I am not a tree to produce timber“,
was übersetzt etwa heißt: „Ich bin nicht ein Baum,
um Bretter zu produzieren…..“ Und ich musste nachfragen,
um diese Redewendung zu verstehen: Man(n) will leben und sich nicht
einschränken lassen. Zu keinem Brett gemacht werden! Offensichtlich
sind die Appelle für Abstinenz, Treue, Kondom, wie sie gerade
wieder vom ugandischen Präsidenten Museweni wiederholt wurden,
nicht besonders beliebt. Und tatsächlich, aus unseren mittlerweile
sieben Dörfern in Uganda wird berichtet, dass Ansteckungen
und Teenager-Schwangerschaften zunehmen, die Zahl der Waisenkinder
wächst. Kondome sind nicht mehr hoch im Kurs, seitdem auch
die westlichen Organisationen (vor allem unter der US-Führung)
eine „moralische Lebensweise“ als bester Schutz vor
einer HIV-Infektion propagieren.
Die Frauen von
Kidukuru geben dennoch nicht auf. Sie haben eine neue Gruppe gegründet,
denn der letzte Pfarrer hatte sie nicht mehr als Kirchengruppe geduldet,
„weil manche als ledige Mütter nicht kirchlich getraut
waren“. Heute nennen sie sich „Kidukuru Mothers Abaaba
Basome Association (KIMABA)“, was bedeutet: „Mütter
für Kindererziehung“. Und sie verteilen weiterhin Kondome
in ihrer Gegend. Das ist ihr letzter Bericht von 10/03 bis 5/04:
„Wir haben
uns vorgenommen, die Lage der Frauen, Witwen, ledigen Mütter,
Waisen und (zwangsweise) Schulentlassenen zu verbessern. Alles was
wir einnehmen, wollen wir zu diesem Zweck verwenden. Dabei ist uns
die Erziehung der Kinder das Wichtigste.
Wir haben in unserer Gemeinde Frauen ermuntert, kleine Gruppen zu
drei bis fünf Personen zu bilden. Diese nun dreizehn Gruppen
erhalten je 100 000/- Ugsh (45 Euro) von Euren 600,- Euro, und wir
betreuen ihre Arbeit, bis sie gut laufen. Die HIV/AIDS-Verhütung
ist uns auf „grassroot-level“ ein Schwerpunkt. Denn
auf dem Dorf ist man schüchtern und ängstlich, wenn man
von HIV betroffen ist. Man spricht nicht darüber, versteckt
die Kranken, verzweifelt im Alltag. Wir gehen frei und ehrlich auf
die Leute zu, wir zeigen auf niemanden. Wir sind verhalten, aber
bestimmt.
Das tun wir,
und das haben wir im letzten Jahr geschafft:
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Unsere
Jugendlichen haben einer Witwe das Haus repariert. Zwei Wände
wurden vorsichtig abgebaut, neue Pfosten errichtet, Äste
verflochten und mit Lehm ausgefüllt. Zwei Spezialisten
haben wir stundenweise bezahlt. Das war harte Arbeit, denn die
alte Frau sollte abends wieder mit ihren Enkeln dort schlafen.
Sie hat auch ihren Teil beigetragen, denn sie kochte uns mittags
den besten Bananenbrei (matoke) mit Bohnen. Alle schwärmten!
Dann haben wir ihr erklärt, wie sie langsam mit Feuer ihr
Haus von innen trocknen muss, erst in dem einen Raum kochen,
dann in dem anderen. Ihre Geschichte ist typisch für unser
Dorf: ihre erwachsenen Kinder arbeiteten in der Hauptstadt Kampala,
der Sohn in einem Holzbetrieb, die Tochter als Hausmädchen.
Sie unterstützten ihre Mutter, die die zwei Enkelkinder
aufzog. Als der Sohn krank wurde (AIDS), brachte ihn seine Schwester
nach Hause. Sie tat alles, damit er eine gute Ernährung
und Medikamente gegen Durchfall und Erkältungen bekam.
Leider wurde die Tochter neun Monate später auch krank.
Sie hatte nichts gewusst von ihrer HIV-Infektion. Vor Angst
konnte sie ihrer Mutter nichts sagen, sie kam einfach nicht
mehr nach Hause. Weil sie eine gute Hausangestellte war, zahlte
ihr Hausherr auch weiterhin Gehalt, das sie heim schickte. Aber
dann starb sie plötzlich. Nun musste sie als Leiche heimgebracht
und im Hausgarten beigesetzt werden. Das war teuer, und die
zwei Kinder, acht und neun Jahre alt, haben nur noch ihre Großmutter…
Ein Gruppenmitglied besuchte ihre Schwester in Kabale und brachte
von dort zwei Kilo einer neuen Sorte Bohnen mit. Wir ließen
sie an Schilf und Stangen hoch wachsen und die Ernte brachte
40 kg! 20 kg bekamen andere Gruppenmitglieder, die dann zwischen
März und Juni so viele Bohnen ernteten, dass sie genug
für sich, für die nächste Saison und zum Verkauf
hatten. Die Stangen besorgte uns ein „tag of war“(ehemaliger
Kindersoldat). Dieses Projekt ist ein voller Erfolg!
In den Hausgärten bauen wir viel Paprika an. Zwei Frauen
versuchen sich mit Knoblauch und wollen die anderen davon überzeugen.
Knoblauch und Zwiebeln sind gut zu verkaufen. Sie werden als
gesund angepriesen.
Wir haben zwei Jäte-Aktionen in unserem Blumengarten gehabt,
außerdem einen Stacheldraht gezogen gegen weidende Tiere.
Unsere Blumen sind sogar von der Fort Portal Stadtverwaltung
zur Stadtverschönerung gekauft worden.
Im Ananasgarten konnten wir die reifen Früchte nur unter
uns selbst aufteilen, sie waren zu klein und auch noch nicht
reif, als die Großhändler kamen.
Zwei unserer Kühe bekamen jeweils ein weibliches Kälbchen.
Aber eine alte Kuh starb, weil wir keine Medikamente kaufen
konnten.
Die Gabe aus Deutschland von einmal 1 645 900/- Ugsh (700,-
Euro im Dezember 03) haben wir vor allem für Schulgelder
für die Waisen ausgegeben. Unser ältester geförderter
Waisenjunge ist fertig als Civil Engineer (Tiefbau). Seine Arbeitsstelle
im Straßenbau ist leider auf sechs Monate begrenzt. Die
Krankenschwester- Schülerin kommt nun ins zweite Jahr.
Zwei Waisen sind auf einer weiterführenden Schule, neun
in der Grundschule. Alle brauchen eine Schulausstattung, auch
in den ersten vier „freien“ Schuljahren. Eine alte
Nähmaschine haben wir einem Mädchen geliehen, das
aus der Schule geflogen ist. Sie ist nicht schlau, eher einfach,
aber fleißig. Nun verdient sie sich ihren Lebensunterhalt
mit Näharbeiten, sie sitzt auf ihrer Veranda.
Viele Gruppenmitglieder kamen zu zwei großen Treffen,
um sich für Hausbesuche und Krankenpflege einzuschreiben.
Diese riesige Aufgabe macht uns manchmal mutlos. Dann bauen
wir uns gegenseitig wieder auf. Gemeinsames Beten und Arbeiten
hilft uns. Aber die Zahl der Bedürftigen, ob jung oder
alt, steigt schrecklich an!
Dorothy plant, nachdem sie und Mary die Steiner-Pädagogik-Seminare
in Nairobi besucht haben, den Aufbau eines „Waldorf-Kindergartens“.
Dorothy hat uns erklärt, wie die kleinen Waisen wieder
Mut zu sich selbst finden können. Sie erzählt Geschichten,
die Kinder spielen viel im Freien, sie machen Beobachtungen
in der Natur, und im „Freispiel“ bauen sie mit Stöckchen
und Naturmaterial ihre eigenen Hütten und spielen darin.
So können auch schlimme Erfahrungen, die alle Waisen durchmachen,
ausgelebt und bearbeitet werden. Dorothy und Mary haben das
in Nairobi gelernt, auch wie sie Eurythmie und Malen einsetzen.
Im Moment führen sie Gespräche mit der staatlichen
Schulbehörde und werben für Kinder, „denn ein
Steiner- Kindergarten ist noch etwas Neues bei uns. Die Leute
müssen erst überzeugt werden.“ |
„Kranich“
unterstützt diesen Kindergarten (nursery), denn die Kinder
zu stärken ist im weitesten Sinn auch eine Aufgabe von AIDS
–Prävention und zur Verhinderung ungewollter Schwangerschaften.
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