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Praktische Anregungen aus den Projekten in Uganda
Dass HIV/AIDS
immer noch ein Problem ist, weiß eigentlich jeder bei uns.
Dass die Ansteckung in Afrika immer noch eine große Bedrohung
für Heranwachsende ist, ist auch bekannt.
Wie gehen nun aber die Menschen im Alltag mit dem Thema AIDS um,
was haben wir Beteiligte von „Kranich“ in den fünfzehn
Jahren gegenseitig erfahren und erlebt?
Uganda: Ein
Rückblick. 1983 war mein Mann, Dr. Marquart, das erste Mal
in Uganda, 1984 war Dorothy Byaruhanga das erste Mal in Deutschland,
eingeladen vom Diakonischen Werk aus Stuttgart. Damals gab es noch
kaum AIDS-Patienten, die ersten diagnostizierte mein Mann 1985 in
Kampala im Rubaga Hospital. Aber 1990 gab es schon ein Dutzend in
Dorothys Dorf, in Kidukuru.
Sofort unterstützten
wir mit Geld vom neuen Verein „Kranich“ die Dorfhelfer,
die ihren Nachbarn beistehen wollten, um sie über die Seuche
aufzuklären, Kondome zu verteilen und Kranke zu pflegen. AIDS
füllte die Spalten der westlichen Zeitungen, in Afrika war
Uganda das erste Land, das auch über AIDS berichtete. Es ging
weiter. Die Horrormeldungen über das Sterben in Afrika südlich
der Sahara überschlugen sich. Und mit einem Mal hieß
es 1995, Uganda hätte die Seuche „im Griff“. Durch
Aufklärung und Kondom-Anwendung. Doch bald berichteten unsere
Partner anderes. Die Frauen klagten, ihre Männer hätten
keine Lust, sich immer mit Kondomen zu befassen, Kondome würden
erst Recht AIDS bringen, denn sie enthielten womöglich absichtlich
das Virus, AIDS-Kranke seien verhext oder wollten die Traditionen
verunglimpfen. Im Übrigen würden die Frauen diese Verhütung
gar nicht wünschen, denn sie wollten doch immer wieder Babies!
Dann, mit dem
Beginn der Präsidentschaft von George W. Bush begann eine neue
Ära. Nicht nur im eigenen Land beeinflusste Bushs religiöses
Weltbild die Politik, sondern auch außerhalb. So war am 1.Juli
2005 in der ugandischen Zeitung „The Monitor“ zu lesen,
dass die First Lady von Uganda in Worte fasste, was schon allenthalben
in den meisten Kirchen und Sozialstationen gepredigt wurde: „Jugend
von Uganda, lebt sexuell abstinent und treu, dann bekommt Ihr kein
AIDS“, und sie stellte in Aussicht, 139 Jugendorganisationen
mit Geld zu unterstützen. Die Kampagne hieß nicht mehr
ABC (Abstinence, Faithfulness, Condom, Enthaltsamkeit, Treue, Kondom),
sondern nun AB/Y (Abstinence, Faithfulness - für Youth - Jugend).
Die Verhütung durch Kondome wurde als unmoralisch verpönt.
Dafür sagten die USA dem Staat Uganda 15 Millionen Dollar an
Hilfe zu. Unsere Partnerinnen und Partner wollen mit uns wieder
diskutieren, sie sagen, es gäbe so viele Teenager-Schwangerschaften,
Waisen und überhaupt ginge das Sterben weiter…..
Wie verändern
nun unsere Partner ihre Dörfer?
Unsere Mitarbeiter setzen sich seit Bestehen von „Kranich“
ein, ihre Mitmenschen ins Gespräch zu verwickeln. Sie möchten
Männer, Frauen und Jugendliche davon überzeugen, dass
sie ihr sexuelles Leben in den Zeiten von AIDS verändern müssen.
Dass sie sich über eigene und andere Verhaltensweisen klar
werden, Verantwortung übernehmen und sich selbst und ihre Partner
schützen. Alle machen freiwillig mit, haben aber den Vorteil,
ihre persönliche wirtschaftliche Situation verbessern zu können.
Wir helfen mit Geld, Wissen und Anteilnahme. Es gibt Kredite und
Anschubfinanzierungen. Hier einige Beispiele:
In dem Dorf
Kyakatwire wurden vor Jahren vier Ochsen trainiert, damit diese
die Felder mit dem Pflug ackern, anstatt dass Menschen sich mit
der Kurzstielhacke den Buckel krumm machen. Nun ist die dritte Generation
Ochsen eingelernt worden.
In Kitojo haben die Frauen begonnen, auf ihrem Gemeinschaftsfeld,
das mit „Kranich“-Geld gekauft wurde, Ananas anzubauen.
Da ihre Ananas nicht so süß wurde wie die vom Dorf Nkoma,
können sich die Kitojo-Frauen nicht dem Trockenfrucht-Projekt
anschließen. Stattdessen haben sie andere Feldfrüchte
angebaut, Banane, Hirse, die Yam und Cassava, längliche, zylindrische
Wurzelknollen mit rauer, graubrauner Haut. Die Pfarrersfrau Marjorie
betätigte sich als kreative Haus- und Geschäftsfrau, denn
sie erkannte den Trend nach frischem Brot und Gebäck in Ugandas
Dörfern. Sie und die Frauen experimentierten so lange, bis
schmackhafte Backwaren herauskamen. Die finden nun auf den Märkten
der Gegend reißenden Absatz. Einzelne Frauen, auch AIDS-Witwen,
backen früh um fünf schon kleine Küchlein, die sie
an den Haupt-Verkehrswegen verkaufen oder in die Mittelpunkt-Schulen
als Pausenfrühstück bringen.
Im 3-jährigen
Projekt: „Für die Selbstständigkeit von Jugendlichen“
gaben die Frauen ihr Wissen weiter: 17 Jugendliche und 26 Erwachsene
sind zu einem Seminar gekommen, das Marjorie über ihre Bäckerei
gehalten hat. Nun müssen auch hier die Mitglieder der Backgruppe
nicht mehr das teure Weizenmehl kaufen (das ein holländischer
Pater in seinem Projekt anbaut), sondern sie nehmen die eigenen
einheimischen Früchte. Aus den Blättern der Cassava bereiten
sie noch „Spinat“ zu. Nun gibt es in der ganzen Gegend
um den National-Park KIBALE Forest, der wegen seines ursprünglichen
Urwalds, der Schimpansen und Waldelefanten berühmt ist, die
leckeren Backwaren zu kaufen.
Der Gruppen-Reingewinn von 100 Euro im Monat reicht den 11 jugendlichen
Waisen, ihre Familien durchzubringen und sogar für sich selbst
etwas zu sparen.
Zur HIV-Prävention äußert sich die Gruppe wie folgt:
„Durch unser Vorbild und weil wir offen über die sexuell
übertragbaren Krankheiten sprechen, Kondome empfehlen und verteilen,
hören uns die Leute zu. Gerade die Jugendlichen gucken, wie
wir das machen und reden später mit ihren Kumpels in ihren
Dörfern darüber. Das ist wichtig, denn dann kommen sie
auf andere Gedanken und trinken nicht mehr ihren Schnaps. Zum Beispiel
hat Denis Katooke erst bei uns mitgemacht, nun brennt er selber
Backsteine für sein neues Haus und den Überschuss verkauft
er. Das nennen wir „Menschenrechte und AIDS-Aufklärung“,
denn so können wir Abhängigkeiten und Trotzhandlungen
von Jugendlichen überwinden, wir sind stolz auf uns, weil wir
unser Leben in die Hand nehmen.“
Und wenn Sie,
liebe Leserin, lieber Leser, einmal Lust haben, nach West-Uganda
zu reisen, dann fragen Sie uns. Reverend Ezra und seine Frau Marjorie
beherbergen Sie gern als Gäste in ihrem „Kitojo Tourist
Home“ und lassen Sie teilnehmen an der Arbeit der „Kranich“-Projekte.
Und - die Menschen und die Natur in Toro sind sowieso immer eine
Reise wert!
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