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Jahresrückblick 2017:
Während ich diesen
Brief verfasse, tagt gerade der EU-Afrika-Gipfel im Land Elfenbeinküste
in Westafrika. Teilnehmer aus 55 afrikanischen und 28
europäischen Staaten wollen sich über gemeinsame Ziele austauschen.
Meist werden diese Ziel großspurig, aber wenig konkret formuliert. Das
passt korrupten Regierungen und Funktionären, die von der
„Entwicklungshilfe“ profitieren. Denn, so liest man (und mag es kaum
glauben), haben sich die Ausfuhren nach Afrika verdoppelt und aus
Afrika halbiert, Afrika sei in noch mehr Armut zurückgefallen. Junge
Menschen würden sich in Richtung Europa aufmachen, "weil sie die Nase
voll haben von dem Leben, das sie in Afrika führen müssen." Und auch
die Ursachen werden benannt:
- 60 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre
- bis in 30 Jahren könnte sich die afrikanische Bevölkerung verdoppeln
- es herrscht zu wenig Rechtsstaatlichkeit
- es fehlen notwendige Investitionen und neue Arbeitsmöglichkeiten
Ein
nachhaltiger Strukturwandel, an dem viele Nationen mitwirken müssten,
könnte den Teufelskreis durchbrechen. Wie das in der Praxis geschehen
soll, verrät das Gipfel-Kommuniqué allerdings nicht.......
Auch wir haben in diesem Jahr mit unseren „Kranich“- Partnern über neue
Wege in den Projekten diskutiert, Argumente ausgetauscht und gemeinsam
Entscheidungen getroffen, so wie es sich für echte Partner „auf
Augenhöhe“ gehört! Dass dabei auch mal gestritten wird, bleibt nicht
aus. Doch die Freude überwiegt, wenn z. B. deutsche Spender und
afrikanische Empfänger in Kontakt kommen. Einmal reist jemand hin, ein
anderes Mal wird ein Konzert in Vaihingen/Enz für die Kinder in
Kidukuru veranstaltet. Oder Kinder der Grundschule verkaufen auf dem
Weihnachtsmarkt. Auch der Erlös der Tombola zum 30. Geburtstag des
Weltladens wurde gespendet! Vielen Dank dafür, und auch all den anderen
Spenderinnen und Spendern!
Kidukuru, Uganda, unser erstes Projekt vor mehr als 30 Jahren, erhielt 3 800,- Euro, davon 700,-
für Waisen mit Spenden von der Ein-Zehntel-Stiftung, der
Pfaffenwaldschule, den Weltläden Vaih./Enz und Stuttgart-Vaihingen und
der Spielschar Wesermünde. Die Leiterin Margaret Asiimwe schreibt:
„Immer wieder ist es mir ein Vergnügen, euch zu schreiben. Wir danken
euch sehr – allen voran die Waisenkinder, die manchmal über eure Hilfe
sogar in Tränen ausbrechen. Denn sie können vom Leben eigentlich nichts
erwarten und haben somit auch keine Zukunft, nun tragen sie eine
Schuluniform und fühlen sich als Jemand. Das ist unglaublich und
unvergesslich für sie! Nun sind wir schon am Ende des ersten Halbjahrs,
wir hatten dieses Schuljahr genügend Anmeldungen und nur wenige Kinder
sind nicht erschienen. Wir konnten auch wieder Schulräume renovieren,
Bücher, Möbel und andere Sachen anschaffen. Und besonders stolz sind
wir, dass wir alle Lehrergehälter zahlen konnten! Manche Schulen
schaffen das nämlich nicht und müssen dann schließen oder haben
gerichtliche Auseinandersetzungen“.
Kyakatwire und Kitojo, die
weit abgelegenen Dörfer in Uganda, am Rande des Nationalparks Kibale
Forest, erhielten 870,- und 500,- zur Unterstützung von
Selbsthilfegruppen vor Ort. In beiden Gruppen sind langjährige Freunde
von uns die Ansprechpartner: einmal Francis Bakeiha, Bauer im Dorf
Kyakatwire und Ezra Musobozi, Pfarrer in Kitojo. Sie haben vor 25
Jahren erkannt, dass AIDS ihre Mitmenschen bedroht, weil sie nicht
informiert und uninteressiert sind. Auch heute noch geben sie Anstöße,
werben für Hiv-Tests und klären betroffene Jugendliche auf. Ihre
guten Ananas, die sie anbauen, konnten sie leider nicht dem Fairen
Handelspartner Kipepeo aus Neuffen verkaufen, weil sie zu abseits von
der Hauptverkehrsstraße liegen. Auf den lokalen Märkten bringt die
Ananas nur wenig.
Kony Ngimani = „Rette dein Leben“, die Selbsthilfegruppe aus Kenia erhielt 2 450,-
und David, der Gruppenleiter, hatte eine gute Idee. Die Erträge von
seinem Acker reichen gerade für die Mitglieder der Gruppe und ihren
Familien. Aber als Kenia im Sommer eine Verordnung gegen den Verbrauch
der vielen Plastiktüten erließ, erinnerte er sich an die
Einkaufstaschen aus Gras. Er setzte einen formellen „Projektantrag“ von
Hunderten von Euro auf. Den lehnten wir ab. Dann fand er eine Frau, die
sich im Weben mit Naturmaterialien auskennt und mit 100,- Euro eine
Einführung in die Technik gibt. Nun sucht er Teilnehmer, die
selbstverantwortlich arbeiten und verkaufen, vielleicht eine
Kooperative aufbauen wollen. „Kenia“, schreibt David im November,
„hatte Präsidentschaftswahlen, die leider auf der Stammes-Linie und
nicht gleichberechtigt demokratisch ausgetragen wurden. Deshalb sind
wir froh um unsere Felder. Aber die ´army worms` (Anm.: Raupen, die
massenweise auftreten und sich durch Tomaten fressen) und die Dürre
haben uns die ganze Ernte zerstört. Die Kinder leiden Hunger, abends
bekommen sie nichts zu essen, ohne Frühstück gehen sie in die Schule,
aber mit leerem Magen kann keiner lernen. Deshalb haben wir eine
Porridge-Ausgabe organisiert, bitte unterstützt uns dabei!“
KIBISOM, auch in Rusinga Island, Kenia, erhielt 300,- .
Unsere langjährige Freundin Esther wird mit ihrer transplantierten
Niere in den USA behandelt und kann wohl nicht mehr nach Kenia
zurückkehren. Das ist auch schlimm für das Projekt. Esther gibt meine
Anfragen an Kibisom zwar immer weiter, aber niemand verfasst
Tätigkeits- und Finanzberichte. Schade. Vielleicht kommt in Kibisom der
wichtige und gut besuchte Kindergarten wieder in Gang! Kibisom = „Kommt
und lernt“.
SMAK, die „Single Mothers Association of Kenya“ = „Ledige Mütter von Kenia“ im Slum von Nairobi erhielten 300,-.
Angelina nimmt es mit den Berichten und Abrechnungen nicht so genau.
Sie ist immer auf der Suche nach neuen Geldgebern und vernachlässigt
darüber vielleicht ihre Mitarbeiter im Kindergarten, im Nähzentrum und
bei der AIDS-Aufklärung für Teenager. Die wechseln nämlich ständig,
klagen über schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Bezahlung. Mal
abwarten......
Onyalo Biro, die Frauengruppe in Kendu Bay, Kenia erhielt 1 430,- davon 930,- als Schulgelder für Waisen
von der Kaltentaler Schule in Stuttgart und anderen „Paten“ aus
Schorndorf und Stuttgart. Zwei Enkel von der Gruppengründerin Mama
Fatuma haben durch die langjährige Unterstützung ihre Ausbildung
beenden können. Faruk ist auf der secondary school, Abbas, der Ältere,
ist fertiger Tourismusmanager und findet immer nur kurze
Praktikumsplätze. Er sucht weiter einen Job. Ehrenamtlich verwaltet er
„unsere“ Waisengelder und sucht zusammen mit seiner Tante Tamima die
Empfänger heraus, Mädchen und Jungen gleichberechtigt und aus allen
Schulformen.
Die Gruppe Springs of Hope in Kipkarren River, Kenia erhielt 2 470,- .
Der Kontakt zu Nancy Indusa, der Leiterin des Waldorfkindergartens,
läuft in Kooperation mit Felix aus Dresden. Felix arbeitet als
Erzieher im Waldorfkindergarten Dresden und kennt Nancy persönlich.
Nancy kommuniziert mit ihm über facebook in allen praktischen und
finanziellen Fragen. Das ist sehr konstruktiv, denn die Neugründung
ihres Kindergartens vor ein paar Jahren hat Nancy oft gegen die
örtlichen Bürokraten und „chiefs“ selbst durchgefochten. Da brauchte
sie auch Stärkung von außen! Nun hat sie sogar ein angrenzendes
Grundstück per Ratenkauf erworben – ihre eigenen Einnahmen aus
Initiativen wie einem Laden und dem Table-Banking decken zu mehr als
die Hälfte die Gesamtausgaben des Projekts ab. (Anm.: Mit einem Kapital
von 2 mal 300,- , gestiftet von „Kranich“, haben 20 Frauen eine
„Tischbank“ aufgebaut. Teilnehmerinnen können einen Kredit nehmen,
Zinssatz 2%, ist nur ein Zehntel eines Micro-Kredits an einer
öffentlichen Bank, nach festen Regeln wird das Geld zurückgezahlt, der
Gewinn fällt einer vereinbarten Investition zu, hier dem
Grundstückskauf). Der Kindergarten ist nun auch eingezäunt und mit
einem beeindruckenden Metalltor abgeschlossen.
Upendo Youth Group in Bukura, Kenia erhielt 1 850,-
Der Waldorf Kindergarten mit 68 Kindern und 3 Erziehern, von denen
einzig Florance die Waldorf-Ausbildung in Nairobi gemacht hat, schafft
es gerade, 10% seiner Ausgaben durch Schulgelder zu erwirtschaften.
Aber es ist ein „Brötchenprojekt“ vorbereitet, das selbstgebackene buns
vor Schulen verkaufen soll. Außerdem liefern etliche Eltern Naturalien
statt Geld ab, deshalb können die Kinder den Tag mit einem Becher Brei
beginnen. Außerdem schrieb Florance gerade, „Ich habe beobachtet, dass
unsere wenigen Bäume von unseren Kindern ständig beklettert werden. Sie
hängen in den Zweigen, sitzen unter den Bäumen, verstecken sich. Ich
denke, sie brauchen gut befestigte Spielgeräte wie Schaukeln, Leitern,
Karussell, Reifen usw.. Sie betteln auch immer, dass wir einen
benachbarten Schulhof mit solchen Geräten aufsuchen sollen“. Nun werden
wohl unsere nächsten Mails eine Korrespondenz über Spielmöglichkeiten
im Freien und über selbstgebaute einfache und haltbare Geräte sein!
Es gibt keinen Weg zum Glück – Glücklichsein ist der Weg!
Vielen Dank an Sie alle für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung,
Ihre Familie Marquart
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