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Lebensgeschichte von Frau F.
Wohnort:
Westuganda – Ostafrika
Persönliche Daten: F. ist 48 Jahre alt. Sie
ist Witwe.
Ihr Mann stirbt 1998. Sie hat neun Kinder. Seit 1999 ist sie ehrenamtliche
Mitarbeiterin der AIDS-Beraterinnen und -berater der dörflichen
Selbsthilfegruppe.
Biographie:
Nach dem Tod ihres Mannes bricht für F. alles zusammen: sie
hat kein Geld, die Arbeit auf dem Feld schafft sie allein nur mit
größter Mühe und ihre Kinder können nicht mehr
in die Schule gehen. Schlimm ist auch, dass alle im Dorf auf sie
und ihre Kinder starren.
Eine Nachbarin rät ihr, zu der Beratungsstelle zu gehen, die
der Pfarrer mit der Unterstützung von „Kranich -AIDS
in Afrika“ in dem Dorf eingerichtet hat.
Voller Angst und Scham kommt sie zu dem ersten Gespräch. Sie
erzählt von ihren Sorgen um sich selbst und um ihre Kinder,
denn die Symptome, die bei ihrem Mann schließlich zum Tode
geführt haben, deuten auf AIDS hin. Mit ihrem Mann hat sie
nie darüber gesprochen. Sie hat allerdings die Leute bei der
Beerdigung irgend etwas tuscheln hören.
HIV/AIDS war für F. immer mit der Vorstellung verknüpft,
dass das eine Krankheit der jungen Leute sei, die viele Partner
haben und ein „lockeres Leben“ führen. Sie selbst
war kirchlich getraut worden und lebte gut mit ihrem Mann zusammen.
Sie war auch immer treu gewesen. Wie sollte sie AIDS bekommen?
Außerdem fürchtet sie, dass man über sie reden würde,
wenn sie die AIDS-Beratung aufsucht. Sie, als alte Frau, was hat
sie dort zu suchen?
Doch es wird ihr geholfen. Die Erkenntnis, dass AIDS kein Fluch
Gottes, sondern eine neue Krankheit ist, holt sie aus der depressiven
Phase heraus.
Kurz
danach meldet sich F., um als AIDS –Beraterin im Dorf mitzuarbeiten.
Sie lernt, wie es zu einer HIV –Infektion kommt, wie sie verhütet
werden kann und wie Patienten zu Hause gepflegt werden müssen.
F. wird eine der ersten Frauen, die über die Erkrankung ihres
Mannes spricht. Sie besucht Nachbarn, hält Vorträge, und
spricht vor allem über sich und ihre Ängste. Denn sie
schließt eine eigene Infektion mit HIV nicht aus, obwohl sie
keinen HIV –Test gemacht hat. Das Krankenhaus ist weit, ein
Fahrradtaxi dorthin teuer, und was hätte ihr der Test auch
gebracht? Sie muss davon ausgehen, dass ihr Mann sie angesteckt
hat.
F. entwickelt eine „positive Einstellung“ zu AIDS, das
heißt, sie will ihren Alltag neu ordnen und sich so gesund
wie möglich ernähren. In der Theatergruppe spielt sie
die Rolle einer Ehefrau, die ihren Mann zum Gespräch auffordert
und ihn überzeugt, Kondome zu benutzen. Sie bewirbt sich um
einen Kleinkredit, der an Witwen ausgegeben wird (mit Hilfe von
„Kranich“) und eröffnet einen kleinen Laden. Sie
verkauft Süßigkeiten, Öl, Eier, Bananen und Gemüse
und Kondome. Sie zahlt regelmäßig ihre Raten zurück
und mit dem Überschuss können ihre Kinder wieder zur Schule
gehen.
Heute ist F. stolz, eine AIDS –Beraterin zu sein. Ihr Selbstvertrauen
ist gewachsen, und sie will unbedingt ihren Teil zum Kampf gegen
AIDS beitragen. Vor allem wirbt sie um den Gebrauch von Kondomen.
Sie sagt, dass sie als Witwe ohne Scham über Verhütung
reden darf. Und sie tut das auch!
Sie hofft, dass sie eines Tages mit einem neuen Kredit ihr Geschäft
vergrößern kann.
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