Über
14 Jahre hinweg habe ich die Onyalo Biro Frauengruppe in Kendu Bay am
Ufer des Viktoria-Sees in Kenia besucht. Mama Fatuma, eine ältere Dame
unbestimmten Alters, lebte mitten in dieser hoffnungslosen, armen
Gemeinde. Ihr bescheidenes Haus stand vielen Menschen der Gemeinde
offen. Es wurde so zu einem Zentrum, das Wärme und Hoffnung
ausstrahlte. AIDS in der Gemeinde führte dazu, dass sehr viele Frauen
zu Witwen und sehr viele Kinder zu Waisen wurden. Mama Fatuma kümmerte
sich um sie alle, so, wie sie das für ihre eigene Familie tat.
Die Onyalo Biro Frauengruppe ist eine
Selbsthilfe-Gruppe, in der die Frauen ihre Erfahrungen und Probleme
teilen, sich engagieren und sich unterstützen im Umgang mit HIV sowie
sich bei Aktivitäten helfen, um den Lebensunterhalt verdienen zu
können. Ich hatte das Glück, Mama Fatuma bei mehreren Gelegenheiten zu
besuchen. Manchmal blieb ich ein paar Tage und wir gaben gemeinsam ein
kleines Seminar über Ernährung und den Umgang und Gebrauch von
Heilpflanzen. Bei diesen Seminaren nahmen nicht nur die Mitglieder der
Frauengruppe teil (auch ein paar Männer waren dabei), sondern auch
Lehrer, Priester, Krankenschwestern, Chiefs und andere aus der
Gemeinde. Wir saßen unter den Neem-Bäumen im Garten, und mit der Sonne
wanderten auch die Stühle und Bänke dem Schatten nach.
Ich werde niemals vergessen, dass während
diesen Unterrichtstagen Mama Fatuma in ihrem bescheidenen Heim mit
ihren Helfern auf dem Sofa im Wohnzimmer übernachtete, sodass mein
Kollege und ich in ihren Betten bequem schlafen konnten. Und diese
Frauen standen noch während der Nacht auf, um für alle Frühstück und
Mittagessen vorzubereiten!
Mama Fatuma war Muslimin. Ihre Tochter,
Tamima, die uns mit den Jahren eine sehr gute Freundin und Kollegin
wurde, ist Christin. Die Onyalo Biro Gruppe ist gemischt und ebenso war
es die Seminargruppe. Und ganz offensichtlich, ich konnte keinen
Unterschied feststellen! Vor jeder Tasse Tee betete Mama Fatuma, und
wir alle beteten gemeinsam in voller Harmonie.
Genauso wenig werde ich die Spontaneität
in dieser Gemeinde vergessen. Oft, wenn wir ein Thema besprochen
hatten, sprang die ganze Gruppe auf und begann zu singen - und diese
Leute können nicht singen, ohne dabei zu tanzen! Ich war oft sehr
berührt und angeregt.
Wann drücke ich jemals meine Freude und Dankbarkeit auf diese Weise in meinem doch so bequemen Leben aus?
Mama Fatumas Tod wird ein enormer Verlust
für diese Gemeinde sein. Ich hoffe und bete, dass ihre großartige
Arbeit in der Gemeinde weitergeführt wird. Zu hoffen ist, dass andere
ihrem leuchtenden Vorbild der dienenden Führung folgen.
Ich möchte ebenfalls meine Wertschätzung
für Elisabeth Marquart in Stuttgart und ihr Projekt "Kranich: AIDS in
Afrika" zum Ausdruck bringen. Dieses unterstützte die Onyalo Biro
Women`s Group auf großartige Weise.
Keith Lindsey, März 2014